4.2. Messung von Luft- und Knochenleitung

Bei einer Hörminderung kann es sich um eine Schallleitungs-, eine Schallempfindungs- oder eine kombinierte Schwerhörigkeit handeln. Um die Art der Hörminderung zu bestimmen, nutzen Audiologen die Tatsache, dass Schall auf zwei Wegen an die Schnecke übertragen werden kann:

  • Luftleitung: Schallübertragung an die Schnecke durch den äußeren Gehörgang und das Mittelohr.
  • Knochenleitung: Schallübertragung an die Schnecke durch Vibrationen des Schädels.

4.2.1. Messung der Hörschwellen für Luftleitung

Die Luftleitungsschwellen werden gemessen, indem dem Patienten über einen ohraufliegenden Kopfhörer Testsignale dargeboten werden. Alternativ können Einsteckhörer verwendet werden. Einsteckhörer bestehen aus einem Schaumstoffstöpsel, der in den äußeren Gehörgang eingesetzt wird, und einem dünnen Schlauch, dessen Ende mit dem Tonerzeuger verbunden ist. Einsteckhörer haben den Vorteil, dass sie dicht im Ohr sitzen und das Risiko eines Gehörgangskollapses als Reaktion auf den Druck auf die Ohrmuschel ausschalten. Ein Gehörgangskollaps kann bei der Verwendung von ohraufliegenden Kopfhörern mitunter vorkommen.

Über das Audiometer wird dem Patienten eine Reihe von Testtönen dargeboten, üblicherweise bei 250 Hz, 500 Hz sowie 1, 2, 4 und 8 kHz. Die Töne werden entsprechend dem Verfahren mit zunehmender Lautstärke eingespielt, bei dem die Signalpegel von nicht-hörbar zu hörbar variiert werden. Die Hörschwellen werden im Audiogramm eingetragen, z. B. mit blauen Kreuzen für das linke Ohr und roten Kreisen für das rechte.

Das Audiogramm zeigt die Luftleitungsschwellen einer mittel-/hochgradigen Hörminderung im Hochtonbereich (linkes Ohr = blaue Kreuze, rechtes Ohr = rote Kreise).

4.2.2. Messung der Hörschwellen für Knochenleitung

Für die Messung von Knochenleitungsschwellen wird ein Knochenleitungshörer verwendet, der hinter dem Ohr am Schläfenbein oder an der Stirn angebracht wird. Der Hörer überträgt die Testtöne an die Schnecke im Innenohr, indem er Vibrationen an die Schädelknochen weitergibt.

Die Knochenleitungsschwellen werden mit speziellen Symbolen in das Audiogramm eingetragen, z. B. mit eckigen Klammen in Rot und Blau. Da sich die vom Hörer erzeugten Vibrationen durch den gesamten Schädel aus- breiten und daher für beide Ohren hörbar sein können, werden oftmals für beide Ohren gemeinsame Knochenleitungsschwellen im Audiogramm eingetragen.

4.2.3. Lokalisierung der Ursache der Hörstörung

Sind die Luft- und Knochenleitungsschwellen identisch, handelt es sich bei der Hörminderung um eine Schallempfindungsschwerhörigkeit. Ihre Ursache befindet sich dann in der Schnecke oder den neuralen Verbindungen.

Sind die Luft- und Knochenleitungsschwellen identisch, handelt es sich bei der Hörminderung um eine Schallempfindungsschwerhörigkeit.

Liegt die Knochenleitungsschwelle innerhalb des nor- malen Hörbereichs, während die Luftleitungsschwelle jedoch erhöht ist, handelt es sich um eine Schallleitungsschwerhörigkeit. Diese wird durch Schwierigkeiten bei der Weiterleitung des Schalls entweder im äußeren Gehörgang oder im Mittelohr verursacht. Die Knochenleitungsschwelle gibt ebenfalls einen Hinweis auf das Hörvermögen, das ohne die Schallleitungsschwerhörigkeit zur Verfügung stünde.

Liegt die Knochenleitungsschwelle innerhalb des normalen Hörbereichs, während die Luftleitungsschwelle erhöht ist, liegt eine Schallleitungsschwerhörigkeit vor.

Audiogramm, das eine Schallleitungsschwerhörigkeit zeigt. Die Luftleitungsschwelle ist erhöht, während die Knochenleitungsschwelle innerhalb des normalen Hörbereichs liegt.

Eine kombinierte Schwerhörigkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass sowohl Luft- als auch Knochenleitungsschwellen erhöht sind, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß.

Audiogramm, das eine kombinierte Schwerhörigkeit zeigt. Sowohl die Luft- als auch die Knochenleitungsschwellen sind erhöht, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Hörminderung weist sowohl eine Schallleitungs- als auch eine Schallempfindungskomponente auf.

Zu bemerken ist auch, dass die Knochenleitungsschwelle immer auf gleichem Niveau oder besser als die Luftleitungsschwelle liegt.

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