5.3. Hörsysteme und Hörsystem-Technologien der letzten 100 Jahre

Die ersten elektronischen Hörsysteme wurden Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt. Bei diesen Hörsystemen wurde der Schall mithilfe von Kohlemembranen verstärkt, welche die elektrische Batteriespannung variier- ten. Die elektronischen Hörsysteme waren relativ groß, und die Klangqualität war nicht besonders gut. Diese Hörsysteme waren nur für leicht- und mittelgradige Hörminderungen geeignet.

Die Erfindung der Vakuumröhre in den 1930er Jahren markierte die nächste Phase der Hörsystem-Technologie. Bei Hörsystemen mit Vakuumröhre kontrollierten kleine Spannungsschwankungen vom Hörsystem-Mikrofon einen Elektronenfluss durch die Senderöhre. Durch die Hintereinanderschaltung mehrerer Vakuumröhren konnte das Signal um bis zu 70 dB verstärkt werden.

Um 1954 ersetzten Transistoren die Vakuumröhren. Das Prinzip bei der Entwicklung des Transistors war dem der Vakuumröhre ähnlich, aber die Größe und der Stromverbrauch des Transistors waren deutlich geringer. Dadurch konnten die Hörsysteme so sehr verkleinert werden, dass sie in ein kleines Kästchen passten, das man in der Tasche tragen oder um den Hals hängen konnte – also ein am Körper getragenes, sogenanntes Taschengerät.

Ende der 1950er Jahre wurden die ersten Hinter-dem-Ohr-Geräte eingeführt. Sie waren oft in ein Brillengestell eingebaut – die sogenannte Hörbrille.

Mit der Verbesserung der Hörsystem-Technologie reduzierte sich auch die Größe der Hörsystem-Komponenten, und die Signalverarbeitung wurde immer ausgereifter. Mitte der 1960er Jahre wurde es möglich, Schaltkreise in Hörsysteme zu integrieren. Ein integrierter Schaltkreis (engl. Integrated Circuit, kurz IC) – den man auch Chip oder Mikroprozessor nennt – ist ein Halbleiter, der viele kleine Widerstände, Kondensatoren und Transistoren enthält. Die Hörsysteme waren mit mehreren Trimmern ausgestattet, über die der Hörgeräte-Akustiker die Verstärkung, den maximalen Ausgangsschalldruck und eine Absenkung der Verstärkung im Tief- und Hochtonbereich einstellen konnte.

Ende der 1970er Jahre wurden Im-Ohr-Geräte immer verbreiteter. Dieser Hörsystem-Typ war bereits Ende der 1950er Jahre eingeführt worden, war allerdings haupt- sächlich wegen seiner beträchtlichen Größe nicht sehr verbreitet. Zwei Jahrzehnte später jedoch hatte sich die Größe von Im-Ohr-Geräten so sehr verringert, dass sie bündig mit dem Außenohr abschlossen. Ab den 1980er Jahren wurden weltweit viel mehr Im-Ohr- als Hinter- dem-Ohr-Geräte verkauft – ein Trend, der weiterhin anhält.

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