1.1. Einführung in die Akustik
Dieses Kapitel behandelt die physikalischen Aspekte von Schall. Die Wissenschaft von Schall heißt Akustik. Die Akustik beschreibt die Entstehung, Ausbreitung und Reflexion von Schall sowie die mathematischen Grundsätze hinter diesen Phänomenen.
Was sind Schallsignale?
Schallsignale sind Veränderungen des Luftdrucks, die sich in einem elastischen Medium ausbreiten. Die Größe dieser Luftdruckschwankungen bezeichnet man als Schalldruckpegel. Das Ohr nimmt die Druckunterschiede als Schall wahr. Im Gegensatz zur Schallübertragung durch die Luft kann sich Schall in einem Vakuum nicht ausbreiten, da es hier keine Moleküle gibt, welche die Schallenergie übertragen können.
Wie breitet sich Schall aus?
Schall lässt sich durch alle elastischen Medien übertragen, z.B. durch Luft, Flüssigkeit und Knochengewebe. In dieser Einführung steht die Übertragung durch die Luft im Mittelpunkt. Schallsignale, die sich durch die Luft ausbreiten, können als Schwingungen von Luftmolekülen beschrieben werden. Die Schwingungen, die aufgrund der Elastizität der Luft möglich sind, können als Veränderungen des Luftdrucks registriert werden. Diese Luftdruckschwankungen bezeichnet man als Schalldruck. Das Ohr nimmt die Druckunterschiede als Schall wahr.
Die Stimmgabel als Schallquelle
Zur Veranschaulichung von Schall kann man sich eine Stimmgabel vorstellen, die an der Tischkante angeschlagen wird. Dadurch wird die Stimmgabel in Bewegung versetzt und zum Vibrieren gebracht. Die Zinken in der Stimmgabel vibrieren hin und her und stoßen wiederholt die umliegenden Luftmoleküle an.
Diese Luftmoleküle wiederum stoßen weitere Luftmoleküle an, wodurch sie die Nachbarmoleküle verschieben, und kehren dann in ihre Ausgangsposition zurück. Dies führt zu einer wiederholten Verdichtung und Verdünnung der Luftmoleküle, die sich als Wanderwellen ausbreiten. Die Vibrationen der Stimmgabel breiten sich also durch die Luft aus wie eine Welle im Meer.
Die Stimmgabel ist so konstruiert, dass sie einen Reinton bei einer bestimmten Tonhöhe erzeugt. Wenn die Stimmgabel für den Kammerton a‘ ausgelegt ist, bewegen sich ihre Zinken 440-mal pro Sekunde hin und her und senden so ein Schallsignal mit einer Frequenz von 440 Schwingungen pro Sekunde aus. Wenn die Schallwellen das Ohr erreichen, bringen sie das Trommelfell zum Vibrieren, und der Schall wird als ein konstanter Ton wahrgenommen.
Bei der mathematischen Beschreibung eines Reintons mit einer bestimmten Tonhöhe wird oftmals die Sinusfunktion verwendet, um die Veränderung des Schalldrucks an einer bestimmten Stelle, z.B. am Trommelfell zu veranschaulichen.
Der Teil der Funktion, der über der x-Achse liegt, entspricht der Verdichtung der Luftmoleküle, während der Teil unter der x-Achse der Verdünnung entspricht. Auf diese Weise stellt die Sinusfunktion die Veränderungen des Schalldrucks an einem bestimmten Ort abhängig von der Zeit dar.
Anhand der Sinusfunktion können die Eigenschaften einer Schallwelle mit folgenden Begriffen beschrieben werden:
- Wellenlänge
- Frequenz
- Amplitude
- Phase
1.1. Wellenlänge
Die Wellenlänge ist der Abstand zwischen Wiederholungen im Schallmuster, z.B. der Abstand zwischen zwei Wellenspitzen. Sie wird üblicherweise in Metern angegeben, wobei als Formelzeichen der griechische Buchstabe Lambda (λ) verwendet wird.
In Luft hat ein Basston eine Wellenlänge von mehreren Metern, während die eines hohen Tons nur wenige Zentimeter beträgt.
1.2. Frequenz
Die Frequenz gibt an, wie oft sich das Muster – oder die Wellenform – in einer Sekunde wiederholt. Frequenzen werden in Hertz (Hz) angegeben – benannt nach dem deutschen Physiker Heinrich Hertz. In der älteren Fach- literatur erfolgt die Angabe manchmal in c/s oder cps, d. h. „cycles per second“ oder Zyklen pro Sekunde. Das ältere c/s bzw. cps entspricht also Hz.
Bei Reintönen stehen die Frequenz und die Wellenlänge in einem bestimmten mathematischen Verhältnis zuein- ander. Die Frequenz ist die Schallgeschwindigkeit geteilt durch die Wellenlänge. Oder anders herum formuliert: Die Wellenlänge ist die Schallgeschwindigkeit geteilt durch die Frequenz.
Frequenz = Schallgeschwindigkeit / Wellenlänge
oder
Wellenlänge = Schallgeschwindigkeit / Frequenz
Beispiel:
Die Schallgeschwindigkeit hängt vom Luftdruck, der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ab. An der Oberfläche der Erde beträgt die Schallgeschwindigkeit nor- malerweise 340 Meter pro Sekunde. Im Beispiel mit der Stimmgabel breiten sich die Schallwellen von der Stimmgabel mit einer Frequenz von 440 Hz aus. Die Wellenlänge beträgt also 340 geteilt durch 440, was 0,773 m (77,3 cm) ergibt.
Die niedrigsten bzw. die höchsten Frequenzen, die das menschliche Ohr wahrnehmen kann, liegen bei etwa 20 Hz bzw. 20.000 Hz. Dies entspricht Wellenlängen von 17 m und 0,017 m (1,7 cm). Ein Normalhörender kann Schallsignale innerhalb eines Frequenzintervalls von etwa 20.000 Hz hören.
Frequenzintervalle werden oft in Oktaven und Dekaden angegeben. Mit beiden Begriffen wird das Verhältnis zweier Frequenzen ausdrückt. Beträgt die eine Frequenz das Doppelte der anderen Frequenz, ist das Intervall zwischen ihnen eine Oktave.
So ist z. B. das Frequenzintervall zwischen 100 Hz und 200 Hz eine Oktave. Das Frequenzintervall zwischen 500 Hz und 1000 Hz ist ebenfalls eine Oktave, obwohl der Unterschied zwischen diesen beiden Frequenzen fünfmal so groß ist wie der im vorigen Beispiel.
In ähnlicher Weise bezeichnet eine Dekade ein Frequenzintervall, bei dem die höhere der beiden Frequenzen zehnmal so groß ist wie die niedrigere, z. B. ein Intervall zwischen 200 und 2.000 Hz.
Ist die Frequenz eines Tons doppelt so groß wie eine andere, beträgt ihr Frequenzintervall eine Oktave. Ist die Frequenz eines Tons zehnmal so groß wie eine andere, beträgt ihr Frequenzintervall eine Dekade.
1.3. Amplitude
Die Amplitude ist die Bezeichnung für die maximale Aus- lenkung der Sinusfunktion. Sie entspricht dem Ausmaß der Luftdruckschwankungen, welche die Verdichtung und die Verdünnung der Luftmoleküle erzeugen, verglichen mit dem normalen Luftdruck. Die Amplitude stellt den Schalldruck der Schallwelle dar. Die Wellenformen zweier Sinusfunktionen mit derselben Wellenlänge und Frequenz aber unterschiedlicher Amplitude stellen zwei unterschiedliche Schalldruckwerte dar. Je größer die Amplitude, desto höher der Schalldruck.
1.4. Phase
Die Phase gibt den zeitabhängigen Schwingungszustand im Verhältnis zum Startpunkt einer Wellenform an. Dies wird in Grad (0–360) ausgedrückt und Phasenwinkel genannt. Der Phasenwinkel beschreibt das Verhältnis zwischen zwei Reintönen mit derselben Frequenz und Amplitude aber unterschiedlicher Anfangsphase. Dieser Phasenunterschied beeinflusst die Gesamtamplitude der beiden Reintöne.
Beträgt der Phasenunterschied 0 Grad, ist die Anfangs- phase beider Wellenformen 0 Grad und die Gesamtamplitude die Summe der beiden Amplituden.
Beträgt der Phasenunterschied 90 Grad, ist die Anfangs- phase der einen Wellenform 0 Grad, während die Anfangsphase der anderen Wellenform 90 Grad ist. In diesem Fall sind die Gesamtamplituden phasenverschoben und der Schalldruck variiert dementsprechend.
Beträgt der Phasenunterschied zwischen zwei Wellen- formen 180 Grad, ist die Anfangsphase der ersten Wellenform 0 Grad und die Anfangsphase der anderen Wellenform 180 Grad. In diesem Fall neutralisieren die Amplituden einander und der Schalldruck wird entsprechend ausgelöscht.
Eine Phasenverschiebung hat zur Folge, dass zwei Lautsprecher, die identische Reintöne aussenden, einen Gesamtschalldruck erzeugen, der an unterschiedlichen Positionen in einem Raum unterschiedlich ist, vom doppelten Schalldruck eines Lautsprechers zu überhaupt keinem Schalldruck
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